Heizungs-EKG
Nach einer Statistik der Agentur für Erneuerbare Energien aus dem Jahr 2012 sind 70% der ca. 19 Mio. Heizungsanlagen
in Deutschland zwischen 12 und 24 Jahre alt und haben einen Wirkungsgrad kleiner 85%, d.h. sie arbeiten nicht in ihrem
energetischen Optimum.
Eine Ursachenanalyse macht deutlich, dass nach Errichtung der Anlagentechnik eine Abstimmung von Wärmeerzeugung,
Wärmeverteilung und Wärmeübergabe meist nicht erfolgt ist oder mangelhaft durchgeführt wurde.
Dies hat oft erhebliche Mängel im Betriebsverhalten zur Folge. überdimensionierte Wärmeerzeuger, überhöhte
Systemtemperaturen und zu große Pumpenleistungen seien in diesem Zusammenhang nur beispielhaft erwähnt. Für
den Anlagenbetreiber eröffnet sich hier ein erhebliches Energieeinsparpotential vor allem durch nicht-investive
bzw. geringinvestive Maßnahmen.
Ansatzpunkte dazu bietet eine "Einmalige Inspektion nach der Norm DIN EN 15378 - Heizungssysteme in
Gebäuden - Inspektion vom Kesseln und Heizungssystemen". Sie umfasst die Analyse des Heizungs- und Trinkwassersystem
mit dem Ziel das Energieeinsparpotential der Anlagentechnik zu ermitteln und Maßnahmen zur Verbesserung der
Energieeffizienz abzuleiten. Anlagenbetreiber werden gemäß DIN EN 15378 verpflichtet eine einmalige Inspektion bei
Anlagen die älter als 15 Jahre sind durchzuführen.
Die DIN EN 15378 fordert bei der Durchführung einer einmaligen Inspektion mit dem Analyseverfahren das alle wesentlich
relevanten Komponenten der Anlage zu erfassen, eine messtechnisch gestützte hochauflösende Erfassung des Betriebsverhaltens
über einen typischen Temperaturzyklus von mindestens 24 Stunden vorzunehmen, subjektiv bedingte Faktoren weitgehend
auszuschließen, die Reproduzierbarkeit von Datenerfassung und Berechnung zu gewährleisten, sowie eine hohe
Ergebnisgenauigkeit, Neutralität und eine positives Kosten-Nutzen-Relation sicher zu stellen ist.
Als Ergebnis fordert die Norm die Ermittlung des Nutzungsgrades der Wärmeerzeugung unter Berücksichtigung der energetisch
relevanten Größen, die Ermittlung der Parameter des Betriebsverhaltens der Anlagentechnik mit differenzierter Herausarbeitung
der regelungstechnischen und komponentenbedingten Mängel, die Ermittlung der Heizlast bzw. des Gebäudeanschlusswerts, die
Berechnung und Bewertung der objektbezogenen Energieeffizienz und des anlagentechnisch bedingten Einsparpotentials.
Mit dem messwertgestützten mobilen Datenerfassungs- und Auswertesystem ratioservice-Heizungs-EKG wurde eine direkte
Umsetzung des Verfahrens zur einmaligen Inspektion nach dem Analyseverfahren gemäß DIN EN 15378 geschaffen.
Der Mess- und Analyseprozesses beginnt mit der Daten- und Messwerterfassung, auf deren Grundlage die computerunterstützte
Expertenanalyse erfolgt, die dann im Rahmen der Anlagendiagnose in einem Gutachten dokumentiert wird. Die Durchführung
dieser Mess- und Analysedienstleistung wird dabei durch verschiedene, von ratioservice entwickelte, Softwaremodule unterstützt.
über einen Messzyklus von 24 Stunden werden im 12-Sekundentakt Abgasparameter des Wärmeerzeugers, Vor- und Rücklauftemperaturen
der Verbraucher, Außentemperaturen und Raumreferenztemperaturen erfasst. Die Festlegung der Messstellen erfolgt dabei in
Abhängigkeit von der Anlagenkomplexität und der Analysezielsetzung.
Abbildung: Einsatzorte der mobilen Messtechnik
Zur Vorbereitung einer zielführenden Optimierung, Sanierung, Modernisierung oder eines Energieträgerwechsels erfolgt nach
der Messwerterfassung eine softwarebasierte Analyse mit Hilfe des ratioservice-Expertensystems. Das "Heizungs-EKG" entspricht
im Modell dem aus der Medizin bekannten EKG. Im Ergebnis liefert das Heizungs-EKG eine grafische Darstellung des
Betriebsverhaltens der Anlage.
Abbildung: Heizungs-EKG
Die grafische Darstellung der Messwerte ermöglicht die Bewertung der Anlage und ist die Ausgangsbasis
für den weiteren Auswertungsprozess. Mit Hilfe des interaktiven Expertensystems werden die Messwerte im
Rahmen der Expertenanalyse hinsichtlich erkennbarer Anlagenmängel analysiert. Das Expertensystem ist in
der Lage ca. 120 unterschiedliche Anlagenmängel regelbasiert zu erkennen.
Abbildung: Technische Detailanalysen und Lösungsvorschläge
Die detektierten Anlagenmängel werden dann hinsichtlich der zu generierenden Energieeinsparungen bewertet. Dabei werden
anlagenspezifische Optimierungsempfehlungen zugeordnet und zwischen nicht-investiven und gering-investiven
Optimierungsmaßnahmen sowie investiven Maßnahmen im Rahmen eines Anlagenersatzes unterschieden.
Abbildung: Berechnung der Energieverluste
Die im Rahmen der Expertenanalyse erstellte Expertise gibt nicht nur Auskunft über die aktuellen Anlagenparameter, das
hydraulische System, die reale Heizlast bzw. den Gebäudeanschlusswert, sondern enthält auch optimierte Einstellparameter
für die Heizkurven und gibt mit dem berechneten Jahresnutzungsgrad Auskunft über die Energieeffizienz der Gesamtanlage.
Aus dem Vergleich der Energieverbrauchswerte vor und nach Optimierung wird eine Prognose der Energieeinsparung nach Normentwurf
DIN EN 15378 vorgenommen.
Auf Basis dieser Expertise kann der Anlagenbetreiber bzw. der Gebäudeeigentümer die technische Umsetzung der Empfehlungen
im Rahmen einer Optimierung auslösen und damit das objektspezifische Einsparpotential heben. Die Nachkontrolle erfolgt im
Rahmen eines Optimierungschecks. Um langfristig die Energieeffizienz der Anlagen sicherstellen zu können, kann eine
Permanentüberwachung vorgenommen werden.
Das ratioservice-Anlagen-EKG kann für die einmalige Inspektion von Kessel und Heizungssystemen gemäß DIN EN 15378 eingesetzt
werden. Dabei können sowohl brennstoffbefeuerte Ein- oder Mehrkesselanlagen als auch Fernwärmeanlagen oder Wärmepumpen überprüft werden.
Eingesetzt wurde das ratioservice-Anlagen-EKG bereits in Ein- bzw. Mehrfamilienhäusern, Wohnanlagen, Hotels,
Krankenhäusern, Seniorenstiften, Schulen, Schwimmbädern, Verwaltungsgebäuden und Industriebetrieben um die Energieeffizienz
der jeweiligen Anlagen zu überprüfen, Anlagenmängel zu erkennen und mit nicht-investiven bzw. gering-investiven
Optimierungsmaßnahmen zu beseitigen.
Die erzielbaren Einsparungen im nicht-investiven bzw. gering-investiven Bereich liegen erfahrungsgemäß bei durchschnittlich 15 Prozent.
Das ratioservice-Anlagen-EKG kann auch vor einer Anlagenerneuerung die notwendigen Grundlagen für das auszuwählende
Heizungssystem und die Dimensionierung des Wärmeerzeugers schaffen und damit auch z.B. bei Contracting Projekten die
erforderliche Planungssicherheit geben.
Mit dem Heizungs-EKG kann die in § 10 der Wärmelieferung geforderte Bestimmung des Jahresnutzungsgrades eines
Wärmeerzeugers im Rahmen einer Kurzzeitmessung ermittelt werden.